Veränderungen gestalten: Was wir von Fitnesskursen lernen können

Change Management lernt von der Fitnessbranche? Ich könnte mir vorstellen, was die ein oder der andere jetzt denkt. Dabei gibt es durchaus Parallelen in beiden Welten. Als Master-Trainerin entdecke ich immer wieder aufs Neue Parallelen, wenn ich Fitnesskurse gebe. Als Kursleiterin habe ich die Aufgabe, die Gruppe mitzunehmen, zu motivieren und dabei gelernte Bewegungen ständig wieder zu verändern.

 

 

 

 

Progression: step by step

Egal ob Bodypump, Crosswork oder komplizierte Aerobic-Choreografie: erfolgreiche Fitnesskurse zeichnen sich durch eine gelungene Progression aus. Schritte und Bewegungen werden Stück für Stück verändert und aufgebaut: Von langsam zu schnell. Von einfach zu komplex. Erst die Bewegung lernen, dann die Richtung verändern. Zu keiner Stelle gibt es eine Überforderung, die frustriert und lähmt. Change-Projekte können hiervon lernen: Anstatt mit Komplexität und Schnelligkeit zu überfordern, sollte Stück für Stück vorgegangen und entsprechend Zeit eingeplant werden. Wer zu schnell zu viel will, scheitert. Die Menge wird nicht folgen. Auch Veränderungen können in vielen kleinen Schritten geplant werden. Das braucht nur etwas Vorbereitung und Auseinandersetzung. Vor allem auf die Frage, was sich konkret für die Betroffenen verändert.

 

Repeat, repeat, repeat

Das Prinzip für choreografische Kurse ist simple: Wiederhole so oft, bis alle den Schritt oder die Bewegung adaptiert haben. Neue Bewegungen können wir selten sofort richtig ausführen. In unserem Gehirn muss erst das neue Bewegungsmuster gespeichert werden. Die richtige Ausführung lernen wir mit der Wiederholung. Ähnlich ist das bei großen Veränderungsprozessen. Wir müssen ins Tun kommen und einfach machen. Wer glaubt, dass Mitarbeiter, die jahrelang in einem Einzelbüro saßen, nächste Woche in ein neues Gebäude ziehen und dort ohne meckern die free-desk-policy leben, der irrt. Bevor erwünschtes Verhalten auftauchen kann, muss es antrainiert werden. Und zwar rechtzeitig. Es hilft, wenn wir Betroffene dabei anspornen und zuzugeben, dass es nicht ganz einfach ist.

 

Nörgler ziehen lassen

Es gibt immer die, die ständig etwas zu meckern haben. „Ich kann nichts sehen, die Musik ist zu laut, das ist zu anstrengend.“ Natürlich ist das ein Feedback für Trainer, aber Dauer-Nörgler sollten nicht die Chance bekommen, die gute Stimmung für den ganzen Kurs nach unten zu ziehen. Anstatt die volle Aufmerksamkeit auf solche Personen zu richten, hilft es die positive Stimmung der anderen zu pushen. Ähnlich bei Veränderungen: Mit Kontrahenten brauchen wir unsere Zeit nicht vergeuden. Sie sind ohnehin nicht zu überzeugen und kosten nur Kraft, die keinen Effekt bringt. Wer sich stattdessen auf die Promotoren, Zweifler und Skeptiker konzentriert wird die kritische Masse gewinnen und hat die besten Chancen, einen Change in Gang zu bringen.

 

Kommunikation: Wahrnehmen, ernst nehmen, Empathie zeigen

Augenkontakt und Mimik sind in Fitnesskursen eins der wichtigsten Tools, um Teilnehmer zu motivieren und mitzunehmen. Wir können uns mitfreuen (Daumen hoch zeigen), wenn etwas zum ersten Mal geklappt hat oder die Teilnehmer*innen einfach wahrnehmen. Menschen möchten gesehen werden. Auch vor und nach dem Kurs wird ausreichend Zeit für Austausch eingeplant. So ein Beziehungsaufbau ist auch in Change-Prozessen elementar. Dabei ist Empathie ein Schlüsselfaktor: wer die Zweifel und Ängste der Betroffenen ernst nimmt und nicht einfach wegwischt, schafft eine Beziehung auf Augenhöhe. Nur wenn sich Betroffene ernst genommen fühlen und mit ihren Bedürfnissen wahrgenommen werden, öffnen sich sich und ziehen mit.   

 

Klare Ansagen machen und in Bildern sprechen

Klare Ansagen sind in gut gefüllten Fitnesskursen unerlässlich, damit Teilnehmer*innen Übungen technisch korrekt ausführen und Verletzungen vorbeugen. Beispiel Kniebeuge: Es nützt nur wenig, folgendes zu sagen: „Jetzt machen wir Kniebeugen.“ Es braucht verbale Anweisungen, WIE die Übung richtig auszuführen ist. Etwa so: „Stell dir vor, du setzt dich auf einen Stuhl und stehst wieder auf. Lass die Knie gebeugt und zieh deine Zehenspitzen hoch.“ Spätestens mit der letzten Anweisung führt jede*r die Übung korrekt aus. Wer vor großen Veränderungen steht, sollte in Bildern sprechen und bei den Betroffenen positives Kopfkino auslösen. PowerPoint-Folien mit Zahlen und Text erreicht die Masse nicht. Menschen in Veränderungsprozessen brauchen emotionale Geschichten genauso wie klare Aussagen zu dem was sich ändert und wann. Auch dann, wenn selbst das Management die konkreten Veränderungen noch nicht klar vor Augen hat. Die Lösung kann dann nicht sein, nichts zu sagen. Es braucht Mut, die Dinge beim Namen zu nennen und beispielsweise zuzugeben, dass Details noch unklar sind oder gemeinsam entwickelt werden können.